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Seit ein paar Tagen geht wieder der Hashtag #JMStV durchs Twitterland. Was sich hinter der Abkürzung verbirgt, schreibe ich genauso oft falsch, wie die Abkürzung selbst: Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Diese wunderbare Wortzusammensetzung, die leider nicht zum Jugendwort des Jahres gekürt wurde, erregt gerade in der Blogosphäre und bei den Microblogging-Dienste großes Interesse – sogar Wutreden.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich die ganze Diskussion bisher ein bisschen an mir vorbeiziehen ließ, weil ich bei rechtlichen Sachen genauso bewandert bin, wie bei dem Schachweltmeisterschaftsfinale von 1978. Eher suboptimal. Aber das Internet lässt mich meine Unwissenheit ja aufholen und wenn ich es jetzt einigermaßen richtig verstanden habe, dann hatte man große Hoffnungen in die Koalition von NRW – insbesondere die Grünen – gesetzt, der Novellierung des Gesetzes zum 1. Januar 2011 nicht zuzustimmen.
Die Grünen NRW sind auch vollkommen dagegen und so, aber leider kommen dann die „parlamentarische Zwänge“ und aus die Maus, es muss dafür gestimmt werden. Mist.
Kein schlechtes Thema, zwar nicht so interessant wie irgendwelche Depeschen von 2008, aber doch eigentlich ein Thema. Leider denken wohl die Onlineabteilungen der renomierten Medien da anders. So wird in der Netzwelt auf SpiegelOnline lieber über die Xbox oder Retro-Synthesizer-Apps berichtet und der letzte Artikel zum JMStV liegt rund fünf Monate zurück. Bei der Zeit sieht es auch nicht anders aus. Auf Sueddeutschen.de führen viele Suchanfragen* ins Leere und noch nicht mal auf die Bild.de und Welt.de ist Verlass. In keinem dieser Onlineangebote habe ich was zu der aktuellen Diskussion gefunden. Noch nicht mal auf der Seite der Tagesschau steht etwas. Sehr enttäuscht bin ich auch von taz.de, die bisher nichts berichtet hat. Was wäre, wenn der CDU dieser Fauxpas unterlaufen wäre?
Woran kann das liegen? Ich habe da zwei sehr persönliche Theorien:
Entweder es handelt sich auf Twitter und in den Blogs wirklich nur um einen Sturm im Wasserglas und hier wird heißer gekocht als gegessen (oder so). Oder die klassischen Medien haben an dem Thema kein Interesse, weil es sie nicht betrifft und es daher keinen natürlich keinen Mehrwert für den Leser hat. Sollte aber bei Apple eine halbe Stunde lang der Internetshop nicht funktionieren oder ein amerikanischer Diplomat hat vor zehn Jahren gesagt, dass Helmut K. doof ist, dann haben wir eine „Eilmeldung„.
Ich bin mir wirklich nicht so sicher, wie hoch das Thema eingestuft werden soll, aber wenn man sich die Faktoren anschaut, dass hier A. ein Gesetz verabschiedet wird, was komplett anachronistisch ist und B. sich die Grünen diesem Gesetz wegen „parlamentarischen Zwänge“ fügen und C. es darüber schon eine Diskussion (die genaue Größe ist mir nicht bekannt) gibt, dann ist das doch wenigsten einen kleinen Artikel zwischen Hitlers Düsenjäger und Xbox wert. Oder?
*Es kann natürlich auch ein meiner Unfähigkeit liegen, die Suchfelder der Seiten ordentlich zu bedienen. In dem Fall nehme ich alles zurück.
[Update 30.11.10 / 17.30 Uhr] Jetzt wurde bei Spiegel Online ein Artikel zu dem Thema veröffentlicht.
[Update 2 am 1.12.10 / 7.30 Uhr] Gerade habe ich auch auf Zeit.de einen Artikel von gestern Abend entdeckt. Den letzten Absatz aus dem Artikel möchte ich hier mal zitieren, weil der wohl zeigt, dass Protest im Netz etwas bewirken kann und das mit dem #JMStV nicht nur ein Sturm im Wasserglas war/ist:
Vielleicht hat der Aufruhr im Internet tatsächlich etwas bewirkt. Ein führender Grünen-Politiker zumindest hofft, „dass auch in der SPD jetzt endlich mehr als ein, zwei Leute begreifen, was der Staatsvertrag für das Internet bedeutet. Die sollten sich einfach mal ansehen, was in der Netz-Community gerade abgeht, dann werden die von alleine noch mal drüber nachdenken.“
[Update 3 am 1.12.10 / 9.26 Uhr] Auch auf Sueddeutsche.de wird nun berichtet.
[Update 4 am 2.12.10 / 18 Uhr] Nur zwei Tage später berichtet auch die taz über den Shit-Storm über NRW.