„Wenn Zensursula Bundespräsidentin wird, trete ich mit sofortiger Wirkung von meinem Amt als Bundesbürger zurück.“ – diese 112 Zeichen hatte ich gestern bei Twitter hinterlassen. Es war eine Reaktion auf das Gerücht, dass Ursula von der Leyen aus den Reihen der CDU für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen werden soll.
Ich setze viele Tweets ab und 99% sind davon sind kurze Gedankenblitze, die mehr oder weniger (meist weniger) lustig sind. Es freute mich aber sehr, als viele andere Leute meinen Tweet wiederholt haben. So wie ich mich auch freue mit einem guten Witz auf einer Party Leute zum Lachen zu bringen. Aber genau wie bei einem Partywitz, sollte auch nur das Zitat flüchtig sein, kurz erheitern und dann auch wieder verschwinden. Ich selbst habe danach schon wieder ein paar mehr oder weniger (eher weniger) gute Tweets abgesetzt.
Jetzt lese ich aber gerade einen Artikel auf Welt.de, dass ich mit dem Tweet „drohe“ und stehe in einem Zusammenhang, dass sich Internetuser über „Zensursula“ beschweren und das nicht sein kann, bzw. diese Netz-Bürger sich wohl wenig für Politik interessieren, wenn sie Ursula von der Leyen immer noch für das Internetsperrgesetz verurteilen, was nie in Kraft getreten ist.
Vertrauen in das Amt des Bundespräsidenten.
Ich finde das ziemlich vereinfachend und an dieser Stelle meine Gedanken hinter den 112 Zeichen erklären.
Ja, ich habe für den Tweet das Wort „Zensursula“ und nicht Ursula von der Leyen gebraucht, weil ich es einfach kurz und knackiger finde, aber trotzdem weiß man wer gemeint ist. Eine andere Zeitung aus dem gleichen Verlag wie „Die Welt“ macht dies auch ab und zu. Mit dem Rest des Tweet habe ich nur eine Ableitung der Rücktrittserklärung von Horst Köhler umgemünzt. Aber warum?
Als ich gelesen hatte, dass Frau von der Leyen vorgeschlagen werden soll, dachte ich nicht sofort wieder an das Internetsperrgesetz (obwohl ich sie natürlich auch noch damit verbinde), sondern ich war überrascht, dass eine aktuelle Bundesministerin Bundespräsidentin werden soll bzw. es auch kann. Wenn ich mich aus meinem Studium recht erinnere soll ein Bundespräsident oder eine Bundespräsidentin parteipolitisch neutral sein. Dies ist nicht immer möglich, weil viele Bundespräsidenten auch einer politischen Partei angehören und zudem auch Regierungsämter inne hatten. Das Parteibuch soll aber dann in der Amtszeit als Bundespräsident ruhen, um parteiunabhängig zu agieren (wenigsten symbolisch).
Ich war deswegen verwundert, dass ein aktuelles Regierungsmitglied vorgeschlagen werden kann, weil eine Parteiunabhängigkeit dadurch doch unmöglich wird. Ich stelle mir die Frage, wie zum Beispiel Frau von der Leyen ein Gesetz als Bundespräsidentin unterschreiben kann, was sie vielleicht noch selbst als Arbeitsministern mit auf den Weg gebracht hat? Kommt es dann nicht zu einer Vermischung, die nicht ganz ungefährlich für die Demokratie ist?
Horst Köhler hatte verschiedene Gesetze nicht unterschrieben (unter anderem das Internetsperrgesetz von Frau von der Leyen), weil er nicht glaubte, dass diese konform mit dem Grundgesetz seien. Daraus hat sich bei mir eine Achtung gegenüber Horst Köhler und dem Amt des Bundespräsidenten entwickelt, weil es eine (wenn auch politisch schwache) Institution gibt, die neben dem Verfassungsgericht, die Gesetze der Regierung kontrolliert.
Aus dieser Überlegung heraus war ich auch ein bisschen enttäuscht, dass das Amt von der aktuellen Regierung auch in einer gewissen Art „entwertet“ wird, wenn sie lieber eine Spitzenpolitikerin aus ihren eigenen Reihen an der Spitze unseres Staates haben wollen, als einen Kandidaten wie Horst Köhler, der auch damals von der CDU vorgeschlagen wurde und die Regierungsarbeit später auch mal kritisierte.
Ich wollte mit dem Tweet auch nicht direkt Ursula von der Leyen kritisieren, sondern darauf hinweisen, dass ich als Bundesbürger ein gewisses Vertrauen in das Amt des Bundespräsidenten setze, zum Beispiel dass es überparteilich ist. Ich kann mir leider nicht vorstellen, dass ein noch aktuelles Mitglied der Regierung dieses Vertrauen erfüllen kann.
„Ohrenflimmern“ ist ein Bundesbürger
Schade, mit der langen Erklärung ist es irgendwie nicht mehr so witzig, aber vielleicht auch nicht mehr so platt, wie es „Die Welt“ dargestellt hat. Zudem finde ich es auch immer ein bisschen komisch, dass Internetuser hinter ihren Pseudonymen versteckt werden, was dem Leser suggeriert, dass die Tweets nicht so ernst seien. Zwei Klicks hätten gereicht, um herauszufinden, dass mein echter Name hinter „Ohrenflimmern“ Andreas (Andi) Weiland ist, ich 25 Jahre alt bin und in Münster studiere. Aber vielleicht würde es mit solchen Informationen nicht mehr so toll wirken, wenn sich nur ein „Internetnutzer“ aufregt, weil dann wäre ich ja ein Bürger.
Aber dieser Bürger wählt den Bundespräsidenten ja eh nicht, aber er vertraut ihn. Dieses Vetrauen müsste sich Zensursula Ursula von der Leyen bei mir sehr lange erarbeiten.