Es war nicht gerade eine tolle Vorstellung, die mir eine Nachricht einer Freundin aus Münster bereitete. Als sie aus Cluj vor einem dreiviertel Jahr zurückkam meinte sie nur, dass das Land und die Stadt toll sind, aber wegen einem Punkt hätte sie die ganze Zeit nur schreien wollen. In jedem Cafe und Kneipe immer nur House. Keine ordentliche Rockmusik. Das machte auch mir ein bisschen Angst, wenn „Club-Napoca“ nur aus Techno oder Manele-Musik bestehen würde. Zum Glück nicht ganz. Noroc.
Also Taxifahrer lassen HouseBeats gerne zu dem Soundtrack ihres Fahrstiles werden, aber dann die erste Nacht hier, gleich eine Punktlandung im richtigen Club geschafft. Das FIRE. ID-Card gezeigt, Treppe runter und schon stand da die Überraschung in Form der Musik vor mir, denn gegen aller Erwartungen entpuppte sich der Club als routinierter „Rockschuppen“ in dem das Ohr mit Musik von AC/DC, Nirvana bis hin zu Mando Diao oder Franz Ferdinand und die Leber mit günstigen Bier und Wodka-Preisen verwöhnt wird. Was sehr schön anzusehen war, waren nicht nur die schönen Frauen, sondern auch die allgemeine Begeisterung für die Musik.
Man könnte nun sagen, dass Clujer Clubgänger noch nicht so weit sind und die Begeisterung für einen Song in coolen Rumgestehe äußern, aber man könnte hier auch noch sagen: „wenn ein Song gefällt, dann beweg dein Arsch!“ Befehl befolgt und Spaß gehabt. Gluma, a se distra.
Die nächste Überraschung kam dann beim zweiten oder dritten Besuch des Clubes, als der früher zu machte und wir trunken, but not tired, raus gingen und auf ein paar junge Rumänen trafen. Die Alex, die Anca und der Sorin, die in der gleichen Situation wie wir waren, dass noch Bier zu trinken sei. Also auf in eine Kneipe und Kennen lernen. Schön war das, weil sich die Leute auch nicht als Technojünger ausgaben. Verdammt bestätigt hier niemand ein Klischee? Nein, sie liebten Rock und vor allem MUSE. So sind auch wir nun in Besitz von Karten für ein Konzert am 6. Oktober jener Band in Bukarest. Oh das ist auch schon bald. Auf jeden Fall funktioniert der Austausch über Musik sehr toll und langsam bekomme ich auch einen Einblick in eine aufkeimende junge Rockgeneration hier in Rumänien. So spielte Sorin selbst mal bei einer Band namens Grimus, die ein bisschen an Muse erinnern, aber mit härteren Gitarren oder er mag die Band Kumm, die mir nun auch gut gefällt. Unbewusst vom Westen entwickelt ich hier in Rumänien neue unverbrauchte Rockmusik, die sich zwar noch sehr an westlichen Bands orientiert, aber in einer gewissen Weise mit der Naivität einer Schülerband, die aber viel Energie besitzt an die Sache herangeht. Schön anzuhören.
In der letzten Nacht, wieder im Fire, traf ich dann auch Vali, den einen Gitarrist von Grimus, der meinte, dass ein großes Problem für rumänische Rockbands ganz einfach ist: es gibt keine ordentliche Produzenten, die was von Rock verstehen. Des Weiteren ist auch die Struktur von Labels hier nicht so stark ausgeprägt und schon gar nicht für Rock, denn die House-Musik ist hier vorherrschend.
Kumm haben einen Vertrag bei einem italienischen Label unterschrieben und Grimus müssen für die Aufnahmen ihres Debüts nun immer die acht Stunden nach Bukarest fahren. Das zeigt schon, dass hier schon noch viel Herzblut gegeben werden muss und nicht nur die Hände, sondern auch die Füße bluten. Da kann man in Deutschland schon ein bisschen verwöhnt sein. Auf jeden Fall ist mein Jäger und Sammlertrieb, nach anfänglicher Verunsicherung durch andere Erfahrungsberichte, geweckt und nun geht es los. Mal schauen was hier so geht.
Pa!
Achja noch etwas für Ory:
Cluj-Napoca: gesprochen ‚kluːʒ na’poka, bis 1974 einfach Cluj, dann umstrittene Namensänderung in Cluj-Napoca, aufgrund archäologischer Funde der antiken römischen Stadt Napoca; dt. Klausenburg, ung. Kolozsvár