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Archive for Mai 2010

politikorange-Magazin "Arbeiterbewegung"Wir nennen es Arbeit“ – das ist ein schöner Titel mit dem ich auch gerne irgendwelche Situationen zitiere, weil ich kann mich über Arbeit zur Zeit auch nicht beklagen.

Also auf der einen Seite habe ich genug Arbeit und auf der anderen Seite macht mir ein Teil der Arbeit auch Spaß. Besonders die Arbeit an einer neuen politikorange kann mir sehr viel Spaß machen. Besonders wenn sie sich dann noch um ein Thema wie Arbeit handelt. Denn solche Themen sind so schön abstrakt, dass man viele Ideen ausprobieren und im Magazin unterbringen kann.

Ich habe mir in der politikorange „Arbeiterbewegung“, die auf dem DGB-Kongress erstellt und heute den taz-Abonnenten beilag, Gedanken über das Thema Creditpoints an Universitäten gemacht und ob sie den Sinn einer Vereinheitlichung wirklich erfüllen.

Die gesamte politikorange kannst du dir hier anschauen und herunterladen. An dieser Stelle jetzt mein Kommentar aus dem 24-seitigen Magazin, welches heute auch von einem Redakteur des Medium Magazin per Twitter gelobt wurde:

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Die Kreditkrise der Kommilitonen
Creditpoints haben das Studium nicht vereinfacht, sondern Wissen zu einer Währung verkommen lassen. Wenn es eine Wissenswährung gibt, dann sollten auch die Studenten damit handeln können. Ein Kommentar von Andi Weiland

Es ist mal wieder Semesteranfang und es ist mal wieder nervig. Die Kurse zu voll und es geht doch nur um das „Organisatorische“. Man quält sich durch den „Verlaufsplan“, die „Anforderungen an das Seminar“ und die Vergabe von Referatsthemen. Man packt seinen Notizblock schon ein und dann kommt der gefürchtete Satz von einem Studenten, meist aus den hinteren Reihen: „Wenn ich nur eine Hausarbeit mit zehn Seiten schreibe, bekomme ich dann trotzdem drei Creditpoints?“ – Das böse Wort ist ausgesprochen: „Creditpoints“. Und jetzt geht es los: der Professor sagt, dass er es nicht genau weiß, ein anderer Student weiß das schon besser und eine Kommilitonin hat noch eine ganz andere Frage, nämlich ob sie vier Creditpoints bekommt, wenn sie einen extralangen Handzettel zu ihrem Referat anbietet. Das Feilschen ist in vollem Gange. Dabei sollten die Creditpoints doch alles vereinfachen.

In der Theorie des „European Credit Transfer System“ war es so gedacht, dass die Arbeitsstunden von Studenten, egal, ob in Irland oder Rumänien, vergleichbar sind: 30 Stunden Arbeitsaufwand bringen einen Creditpoint – klingt logisch. Doch es gibt auch Unwägbarkeiten im System: Der Lehrplan ändert sich während des Studiums und ein Modul, das früher zehn „Credits“ wert war, ist nun nur noch fünf Punkte wert. Können die abgeleisteten fünf Extra-Creditpoints nun auf ein anderes Modul übertragen werden? Die Theorie meint „Ja“, aber die Praxis bestätigt das nicht immer. Die Punkte können auch verfallen, wenn man sich nicht in nervenaufreibende Verhandlungen mit Studienbeautragten und Dozenten begibt.

Man bedenke auch die CreditpointInflation: So manch ein Dozent vergisst allmählich, dass auch die Vorlesung im Hörsaal Zeit raubt und in die Arbeitsrechnung ein?ießen muss. Creditpoints haben das Lernen nicht einfacher gemacht, sondern die Bildung zu einer Währung verkommen lassen. Eine Umkehrung dieses Prozesses ist utopisch, also muss man nun mit der Wissenswährung zu Recht kommen.

Wir brauchen eine Creditpoint-Gewerkschaft

Die Frage ist: Wer legt fest, was ein Creditpoint wert ist? Studenten sind der Willkür von Dozenten ausgeliefert, können sich ihre Arbeit nicht adäquat bescheinigen lassen. Wir brauchen eine „Creditpoint-Gewerkschaft“, kurz CPG, inklusive Streikrecht. Vielerorts fehlt es an einer starken Organisation, die bei Verhandlungen um Modulpläne den Studenten eine Stimme verleiht. Die auch mal den Dienst quittiert, wenn Rektoren und Professoren gegen die Interessen der studierenden Mehrheit an den Unis entscheiden wollen. So eine Gewerkschaft ist überfällig, denn die Studenten wissen aus eigener Erfahrung, was sich im Bologna-System ändern muss.

Wir brauchen „Tarifverhandlungen“ darüber, wie beispielsweise Vorlesungen und Seminare in die Punktrechnung eingehen. Wir brauchen Fairness statt Willkür: Wie viel Arbeit steckt wirklich in einer Hausarbeit, was musste der Student für sein Referat leisten? Und vor allem: Was passiert, wenn sich Modulpläne ändern? Einzelgespräche helfen nicht weiter, wir brauchen endlich Verbindlichkeit. Die CPG muss europaweit agieren, wenn es der Bologna-Prozess ernst mit uns meint. Bisher ist es ein Spießrutenlauf, die Universität zu wechseln und bereits geleistetes mitzubringen und weil jede Uni ihren eigenen Creditpoint-Wechselkurs hat. Was ein Student hier geleistet hat, muss dort nicht anerkannt werden. Damit muss Schluss sein!

Wer in heutigen Zeiten um seine Arbeitspunkte kämpft, gilt sehr schnell als kleinkarierter Faulpelz. Diese Sicht ist engstirnig, denn bei Creditpoints wird jetzt schon hemmungslos getrickst. Und solange die angehenden Akademiker nicht nach der Stechuhr lernen, braucht die Entlohnung der Studenten endlich klare Maßstäbe – für echte Vergleichbarkeit. Und für mehr Ruhe in der ersten Semesterwoche.

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